Im Rahmen des Projektes "Unvergessen: Dresdner Persönlichkeiten und wo sie begraben liegen" interviewte der Journalist Henry Berndt einen Nachfahren der bedeutenden Familie Schnorr von Carolsfeld: Hansheinrich Schnorr von Carolsfeld. Als Namensträger der Adelsfamilie, die bedeutende Fabrikanten wie auch Künstler hervorgebracht hat, fühlt er sich verantwortlich das Vermächtnis der Familie zu erhalten und zu pflegen. Das betrifft eine alte Orangerie in Arnsdorf bei Bautzen ebenso wie mehrere Grabstätten der Familie in Dresden und Schneeberg.
Aus dem Gespräch mit Hansheinrich Schnorr von Carolsfeld, der uns in der durch ihn seit den 1990er-Jahren instandgesetzten Orangerie der Familie in Arnsdorf empfing, ging auch ein biografischer Text hervor. Hier finden Sie eine Kurzversion dieses Textes, der gemeinsam mit anderen im Rahmen dieses Projektes erarbeiteten Texten, in seiner vollständigen Version in eine spätere Buch-Publikation einfließen soll.
Franz Schnorr von Carolsfeld - Wegbereiter der Sächsischen Landesbibliothek
Er machte Karriere als Bibliothekar und war an der Gründung der Königlich Sächsischen Öffentlichen Bibliothek in Dresden beteiligt, deren Bestände bis dahin auf Fürsten- und Adelshäuser verteilt
gewesen waren. Damit hob Franz Schnorr von Carolsfeld den Vorläufer der heutigen Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) mit aus der Taufe.
Auf dem Alten Annenfriedhof in der Dresdner Südvorstadt finden sich heute zwei Grabmale der Familie Schnorr von Carolsfeld. Neben dem Grab des berühmten Malers Julius Schnorr von Carolsfeld
findet sich eine zweite Grabstelle mehr im Zentrum der Anlage.
Sie ehrt Nachkommen von Julius, darunter jenen Franz Schnorr von Carolsfeld, sowie dessen Brüder Eduard (mit Frau Anna) und Georg (mit Frau Wanda) und deren Schwester Marie.
Franz, geboren 1845 in München, führte zuletzt bis 1907 zwei Jahrzehnte lang die Landesbibliothek in Dresden als Direktor. Auch Dank ihm ist das Schnorr’sche Familienarchiv heute das mit Abstand
größte seiner Art in der SLUB. Die Dokumente füllen hier inzwischen um die 30 Regalmeter.
Kern der Sammlung sind die vollständigen Nachlässe von Julius und seinem Sohn Franz.
Während das Grab von Julius und Ludwig auf dem Alten Annenfriedhof selbst zu DDR-Zeiten in Ordnung gehalten wurde, lag die zweite Grabstelle noch vor nicht allzu langer Zeit im wahrsten Sinne des
Wortes in Trümmern. Auf Initiative von Hansheinrich Schnorr von Carolsfeld konnte sie jedoch aufwändig erneuert werden. Möglich wurde dies auch durch die Unterstützung der Friedhofsverwaltung bei
der Organisation sowie durch das Amt für Kultur und Denkmalschutz durch das Bereitstellen von zusätzlichen Fördermitteln.
(Kurzversion des Textes "Unvergessen: Familie Schnorr von Carolsfeld - Eine malerische Adelsgeschichte" von Henry Berndt; die Langfassung fließt gemeinsam mit weiteren Texten in das Buch "Unvergessen: Dresdner Persönlichkeiten und wo sie begraben liegen" ein, das derzeit erarbeitet wird.)
Die reduzierte Formensprache des Grabmales und Muschelkalkstein als Material, sowie dessen Bearbeitung sind typisch für die Grabmalgestaltung der Friedhofsreformbewegung.
Ansinnen der Bewegung war es sich von der vielfach pompösen Dekadenz der Grabmale des 19. Jahrhunderts abzuwenden und wieder zurück zu einer schlichteren Grabmalgestaltung zu finden. Dadurch
sollte das Zurschaustellen von Reichtum gedämpft, aber auch der mit der Industrialisierung eingezogene Massenanfertigung von Grabmalen begegnet werden.
Die überwiegend aus schwarzem, schwedischem Granit produzierten, immer wieder ähnlichen Grabmale waren zu einer Mode geworden, die das Gesicht der Friedhöfe dominiert - zu erkennen im hinter dem
Grab Schnorr von Carolsfeld liegenden Grabfeld F. Häufig schmückten die immer wieder gleichen Galvano-Plastiken diese Gräber zusätzlich - durch ihre serielle Fertigung in Fabriken wie WMF keine
bildhauerischen Unikate mehr, sondern Kitsch.
Im Gegensatz dazu wurden Maximalmaße, unpolierte, vorzugsweise regionale Materialien und eine schlichte, aber dennoch ausdrucksstarke Gestaltung des Grabmals in der Friedhofsreformzeit zum
neuen Gestaltungsideal.
In der Monumentalität des Grabmales, aber auch der Umsäumung der Pflanzfläche mit einer exedrenartig (=schlangenartig) verlaufenden Einfassung mit zwei Sitzplätzen finden sich hier Elemente der
Vorreformzeit wieder, sind aber kombiniert mit typisch-reformistischen, wulstigen Schmuckelementen.
Von der ursprünglichen Bronzeschrift zur Namensnennung am Grabmal sind heute leider durch Diebstahl nur noch die Abdrücke und ein einzelner Stern, sowie der Schriftzug im Sockelbereich
erhalten. Die Bronzeschrift im Giebelbereich war zum Großteil ebenfalls erhalten und wurde um fehlende Buchstaben ergänzt, nachdem das Grabmal eingestürzt und wiederaufgebaut worden
war.
Auf Veranlassung von Hansheinrich Schnorr von Carolsfeld wurde nach dem Wiederaufbau des Grabes den darin Beigesetzten mit einer Liegeplatte Rechnung getragen.
Der Psalm 145,9 im Sockelbereich lautet:
"Der HERR ist allen gütig und erbarmet sich aller seiner Werke."