Im Rahmen des Projektes "Unvergessen: Dresdner Persönlichkeiten und wo sie begraben liegen" interviewte der Journalist Henry Berndt einen Enkel des Musikers Paul Büttner: Dr. Peter
Voigt.
Als Junge gab ihm Paul Büttner noch Klavierstunden, heute kümmert sich Dr. Peter Voigt um den Nachlass seines Großvaters und setzt sich dafür ein, dass dessen Werk nicht in Vergessenheit gerät -
trotz dessen nachhaltiger Verfemung in Zeiten des Nationalsozialismus.
Dr. Peter Voigt beschreibt Paul Büttner aus seiner Perspektive im Video.
Aus dem Gespräch mit Dr. Peter Voigt, der uns vor einem eigens für das Interview aufgehangenen Portrait seines Großvaters in seiner Wohnung willkommen hieß, ging auch ein biografischer Text hervor. Hier finden Sie eine Kurzversion dieses Textes, der gemeinsam mit anderen im Rahmen dieses Projektes erarbeiteten Texten, in seiner vollständigen Version in eine spätere Buch-Publikation einfließen soll.
Paul Büttner - Der musikalische Volkserzieher
Mit geschlossenen Augen kniet die Figur auf der Steinplatte, den Kopf leicht gehoben. In der linken Hand hält sie eine Flöte, in der rechten einen Lorbeerkranz. Der steinerne Unbekannte wacht am
Grab eines musikalischen Tausendsassas, der seine letzte Ruhe auf dem Neuen Annenfriedhof in Dresden-Löbtau gefunden hat.
Dabei war bei seiner Beerdigung im Jahr 1943 noch nicht daran zu denken, dass Paul Büttner (1870 bis 1943) eines Tages eine öffentliche Würdigung in Form eines solch repräsentativen Grabmals
bekommen könnte. Unter den Nationalsozialisten war der Dresdner Komponist eine unerwünschte Person und wurde erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs rehabilitiert.
Am Höhepunkt seines Schaffens wurde Büttner Professor für Musik und künstlerischer Leiter des Dresdner Konservatoriums, der heutigen Hochschule für Musik Carl Maria von Weber.
Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits vier Sinfonien und zahlreiche andere Werke geschrieben, wobei seine 1918 entstandene vierte Sinfonie in h-Moll heute als sein Hauptwerk angesehen wird. Damit
hat sich Büttner als einer der letzten großen Sinfoniker und Vertreter der Spätromantik in direkter Nachfolge von Anton Bruckner, Johannes Brahms und seinem Lehrer Felix Draeseke in der Musikwelt
verewigt.
Vor allem aber besaß Büttner die Gabe, auch Laien für die Musik zu begeistern. So leitete er bereits mehrere Arbeiterchöre, bevor er 1896 eine Festanstellung als Lehrer für Chorgesang am Dresdner
Konservatorium erhielt. Große Bedeutung für seine Heimatstadt Dresden erlangte er ab 1905 als Bundesdirigent des Arbeitersängerbundes. Eine Dissertation, die 1961 über sein Wirken erschien, trägt
den äußerst passenden Titel “Paul Büttner - Der musikalische Volkserzieher”.
Was bleibt von Paul Büttner?
Um seinen Nachlass, der inzwischen in der Sächsischen Landesbibliothek SLUB zu finden ist, kümmert sich heute sein Enkel Peter Voigt. In seinen Augen sollte vor allem Büttners großer Einsatz für
die musikalische Bildung des einfachen Volkes in Erinnerung bleiben. Nicht vergessen werden dürften jedoch auch seine Kompositionen, die einen Platz in der deutschen Musikgeschichte
verdienen.
Das Grabmal Paul Büttners ist für den Neuen Annenfriedhof außergewöhnlich in seiner Gestaltung und Symbolik.
Das Grab wird geschmückt durch eine Plastik, die vom Bildhauer Reinhold Langner im Auftrag von Paul Büttners Witwe Eva geschaffen worden ist.
Laut Einschätzung des Kunsthistorikers und Denkmalpflegers Dr. Ulrich Hübner (Amt für Kultur und Denkmalschutz) soll die Darstellung wahrscheinlich den Verstorbenen selbst zeigen, der gekleidet
in ein Leichengewand den Blick gen Himmel richtet. Dafür spricht auch das Musikinstrument, das die Skulptur in ihrer linken Hand hält und den Dargestellten als Musiker kennzeichnet.
Möglicherweise handelt es sich, auch wenn die abstrakte Darstellung es nicht ganz klar erkennbar macht, um eine Oboe - eines der beiden von Büttner zuerst am Konservatorium erlernten
Instrumente?
In ihrer rechten Hand hält die Skulptur indes auf alle Fälle einen Lorbeerkranz als Zeichen ihres Triumphes. Ob als Symbol ihres Triumphes über den Tod (durch die Auferstehung) oder die
Triumphe des Musikers Paul Büttner zu dessen Lebzeiten, bleibt offen zur Interpretation.
Der formalästhetische Habitus der Skulptur erinnert an die gewaltigen Skulpturen von zum Beispiel Ernst Barlach (1870 - 1938), dessen Werk ebenso stilistisch zwischen Realismus und
Expressionismus einzuordnen ist. Zu diesem Eindruck tragen insbesondere die scharfen Gratschnitte in der Darstellung dieser Skulptur bei, die im Gegensatz zu ihrer voluminösen, kraftvollen
Körperlichkeit stehen.